Ursula von der Leyen erneut in Kiew - Es ist bereits ihr sechster Besuch in der Ukraine
Von der Leyen und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj haben in Kiew die 220.000 Eisenbahner des Landes als Lebensretter gewürdigt. "Sie halten diese Lebensader am Laufen", sagte von der Leyen nach ihrer Ankunft am Samstagmorgen auf dem Bahnhof der ukrainischen Hauptstadt nach einer herzlichen Begrüßung mit Selenskyj. Die Männer und Frauen würden unter den schwierigen Bedingungen des russischen Angriffskrieges unermüdlich die Verbindung zwischen den Menschen aufrechterhalten, hoben beide hervor.
Selenskyj und von der Leyen sagten in ihren Reden auf dem Bahnsteig, dass über den Schienenweg auch ukrainisches Getreide in die Welt gebracht werde. Die Eisenbahn sei für die Lebensmittelversorgung unerlässlich, sagte Selenskyj. Er erinnerte angesichts des seit mehr als 20 Monaten andauernden russischen "Terrors" an die Gefahren der Arbeit der Eisenbahner, gedachte in einer Schweigeminute der Toten und verlieh Orden an verdiente Mitarbeiter.
Weil der Flugverkehr wegen des Krieges eingestellt ist, dienen Züge als lebenswichtige Verbindung zwischen der Ukraine und der EU. Verbindungen gibt es nach Polen und Rumänien, aber auch in das ebenfalls in die EU strebende Nachbarland Moldau, wie Selenskyj an dem landesweit begangenen Tag der Eisenbahner unterstrich. "Unsere Eisenbahn ist mehr als nur ein Transportmittel. Sie ist eine Garantie, dass unsere Menschen, unsere ukrainische Wirtschaft und der Staat nicht getrennt werden von den EU-Staaten, die uns unterstützen", sagte er. Von der Leyen erinnerte daran, dass auch Kriegsflüchtlinge über den Weg in die EU gebracht wurden.
In Kiew will von der Leyen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj auch Gespräche über die Fortschritte des Landes auf dem Weg in die Europäische Union führen. Am kommenden Mittwoch legt von der Leyen in Brüssel Berichte zu den Reformfortschritten der Ukraine vor. Auf deren Grundlage wollen dann im Dezember die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union entscheiden, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Regierung in Kiew gestartet werden sollen. Die Vorstellung der Berichte sind Anlass der Reise.
Sie wolle der von Russland angegriffenen Ukraine versichern, "dass wir fest an ihrer Seite stehen" und ihr "Ermutigung und Zuspruch" bringen, sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew vor Journalisten. Es werde neben dem angestrebten EU-Beitritt des Landes unter anderem um finanzielle und militärische Unterstützung des Landes sowie Sanktionen gegen Russland gehen.
Die Kommissionspräsidentin wies aber auch auf die Gefahren der Reise hin. "Immer wenn ich die Ukraine fahre, ist da ein gewisses Gefühl der Anspannung natürlich, weil es Kriegsgebiet ist." Von der Leyen fuhr wie immer mit einem Sonderzug von Polen nach Kiew.
Die Ukraine ist seit vergangenem Sommer bereits offiziell EU-Beitrittskandidat. Den Beginn der Verhandlungen müssen die 27 EU-Staaten allerdings noch einstimmig beschließen. Ein positives Votum soll es dann geben, wenn die Ukraine sieben Voraussetzungen erfüllt hat. Bei diesen geht es etwa um das Auswahlverfahren ukrainischer Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung - insbesondere auf hoher Ebene. Die EU fordert zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.